Suchen, Speichern und Sortieren – Die Sichtbarkeit des archäologischen Prozess: Mit dem Neubau des Informationszentrums niedergermanischer Limes soll das kulturelle Erbe aus der Zeit der römischen Besatzung gleichermaßen für die Bürger und die Besucher der Stadt Remagen zugänglich gemacht werden. Im Mittelpunkt des Vermittlungskonzeptes steht eine unmittelbare Sichtbarkeit des prozesshaften archäologischen Ablaufs – dem Suchen und dem Speichern der Funde. Die architektonische und inhaltliche Substruktion des neuen Informationszentrums bildet die Ebene des heutigen Untergeschosses auf der das römische Leben stattfand. Nur hier kann die Suche nach weiteren römischen Spuren stattfinden und nur auf dieser Ebene kann eine direkte Vermittlung des archäologischen Prozesses und der Ausstellung einzelner teilweise immobilen Funde, wie z.B. dem Wandkern, geschehen. Die darüberliegenden Geschosse, die wie ein Dach über der Grabungsstätte liegen, dienen als Speicher – als Lager einzelner Funde und als Räumlichkeiten der Verwaltung.
Von Zeit zu Zeit – Die Verräumlichung zeitlicher Ebenen: Eine archäologische Prospektion beginnt meistens mit der Anlage eines Rastersystems. Die Position und die Ausrichtung der Quadranten im Koordinatensystem und die Rasterweiten haben keinen Bezug zu den geborgenen Strukturen – es entsteht also eine Überlagerung zweier völlig unabhängiger Strukturen die räumlich einige Zentimeter voneinander trennt, zwischen denen aber hunderte oder sogar tausende Jahre liegen können. Das bewusste Lösen der Ausrichtung der Strukturen des Neubaus von der Geometrie seiner Grundfläche verräumlicht dieses Prinzip – diese Verschiebung versinnbildlicht die verschiedenen Zeitebenen und bindet die Architektur unmittelbar in das Vermittlungskonzept des Informationszentrums ein.
Sockel, Dach und Rückrat – Die Eindeutigkeit von Konstruktion und Nutzung: Untergeschoss und Erdgeschoss des Informationszentrums bilden in ihrer räumlichen und konstruktiven Verbindung als funktional inhaltliche Einheit den öffentlichen Bereich – hier steht der Besucher im Zentrum der Vermittlung und kann auf seinem Weg durch das Gebäude verschiedene Ebenen der Geschichte erfahren. Die Konstruktion des „Beton-Tisches“ mit einer eingehängten Ebene als Erdgeschossplattform in Verbindung mit der transparenten Fassade ermöglicht eine direkte Sichtbarkeit und einen schwellenlosen Zugang zur Ausstellung und dem archäologischen Prozess in Remagen. Diese massive, aber dennoch filigrane Stahlbetonkonstruktion trägt die Holzkonstruktion der darüberliegenden Etagen zur Lagerung der Exponate und der Verwaltung. Hier besteht weniger der Bedarf nach extrovertierten Räumen, sondern nach kleinteiligen, flexiblen und teilweise rein funktionaler Räumen mit unterschiedlichen Belichtungssituationen. Die Holzkonstruktion besteht aus der tragenden massiven Außenwand aus kreuzweise verleimtem Brettsperrholz, sowie den innenliegenden Holzstützen des Skelettsystems. Die Struktur der Grundrisse bleibt hier langfristig flexibel, den sich wechselnden Anforderungen der Nutzer entsprechend anpassbar. Die Fassade oberhalb des Sockels besteht materialgerecht aus einer vertikal geschichteten teilweise transluzenten hinterlüfteten Holzlattung.
In Form einer bauliche Fuge trennt der dritte, massive und teilweise begrünte Baukörper den Bestand im Süden von dem sich anschließenden Neubau. Als funktionelles Rückgrat befinden sich hier die notwendigen Erschließungen, ein weiterer Belichtungshof, sowie die technisch infrastrukturelle Versorgung des Gebäudes.
Alle drei Gebäudeteile unterscheiden sich im Sinne einer eindeutigen Ablesbarkeit zur intuitiven Orientierung bewusst in ihrer Konstruktion, ihrer Oberfläche und ihrer Gestalt.
Technische Gebäudekonzeption – Die Fuge als technisches Rückgrat: Das Rückgrat als Fugenbauwerk zwischen Bestand und Neubau übernimmt neben seiner städtebaulichen Aussage und der inneren Erschließung des Gebäudes auch eine rein pragmatisch technische Funktion. In der Wand zwischen den Bauteilen befinden sich Installationen wie die Wärmeleitungen der Erdwärmepumpe. Lüftungsein- und auslässe regulieren die raumklimatischen Bedingungen entsprechend der Vorgaben für die Exponate in den ersten beiden Geschossen sowie für die Mitarbeiter im ersten und zweiten Obergeschoss. Alle Nassräume befinden sich in dem Fugenbauwerk übereinander. In dem Technikgeschoss im dritten Obergeschoss befindet sich die Technikzentrale des Gebäudes mit der darüberliegenden PV-Anlage. Die vorgelagerte begrünte Dachfläche dient auch als eine von dem Außenraum aus nicht wahrnehmbare Aufstellfläche für Außengeräte mit Erweiterungspotential.
Präsenz im Stadtraum – Der Solitär im Blockrand: Der Neubau des Informationszentrums niedergermanischer Limes in Remagen soll in seiner Nutzung als zentraler Anlaufpunkt gleichermaßen für Besucher und Bewohner der Stadt dienen. Eine angenehme und unmittelbare Vermittlung der Geschichte und Aktivitäten der Stadt Remagen setzt eine eindeutige Präsenz und eine entsprechende Adressbildung des Gebäudes im Stadtraum voraus. Das zur Verfügung stehende Grundstück befindet sich in Verlängerung eines Blockrands in zweiter Reihe. Die Fassadenbegrünung als Fuge lässt den Neubau erkennbar von dem Blockrand abrücken und stellt den neuen Baukörper auf eine angemessene Art frei und verleiht ihm in seiner eigenständigen Gestaltung die erforderliche Prägnanz. Dieser Eindruck wird durch den im Nordwesten anschließenden Stadtgarten gestärkt.
Erschließung im Stadtraum – Der Zugang aus zweiter Reihe: Der Zugang zu den bisherigen Nutzungen des „Historischen Dreiecks“, wie der Ausgrabung der Hypokaustenheizung und dem Römischen Museum erfolgt nahezu ausschließlich über die Kirchstraße im Norden. In der Konsequenz einer intuitiven Orientierung im Stadtraum wird der Neubau des Informationszentrums ebenfalls über die Kirchstraße, den sich öffnenden Stadtraum im Rücken der Stadtverwaltung und dem anschließenden Stadtfoyer erschlossen. Die Fassade des Informationszentrums knickt an dieser Stelle ein und bildet somit ein überdachtes Portal als Eingang. Wenngleich der Blick auf die Ausstellung und den innenliegenden Foyer- und Empfangsbereich durch die transparente Fassade umlaufend frei bleibt, wird die Eingangssituation intuitiv ablesbar.
Flexibilität und Nachhaltigkeit – Das Potential der Transformation: Dem Neubau des Informationszentrums in der Innenstadt von Remagen geht ein Abbruch voraus. Es liegt also bereits eine ökologische „Grundlast“ auf dem neuen Gebäude. Neben klugen technischen Lösungen und einer angemessenen Wahl der Baustoffe, ist eine flexible Nutzung der Räume notwendig, die auch auf Bedarfe reagieren können, die wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genau definieren können. Wenn die mobilen Glaselemente des Seminarraums im Erdgeschoss zur Seite geschoben werden, kann die gesamte Fläche mit den anschließenden Freiräumen für Veranstaltungen der Stadt genutzt werden. Auch jenseits jeglicher Öffnungszeiten bleiben einige Bereiche der Ausstellung von dem teilweise überdachten Außenbereich aus für Besucher und Bewohner sichtbar.
Kaum ein Anforderungsbedarf befindet sich seit Jahren so konstant im Wandel, wie die Bürowelt. Der ermittelte Bedarf kann also nur eine Momentaufnahme sein und fordert von dem Gebäude möglichst flexibel wandelbare Strukturen. Der Verwaltungsbereich im ersten und zweiten Obergeschoss ist über den zweigeschossigen Sozialraum und einer Galerie miteinander verbunden. Die Büroflächen können vor dem Hintergrund einer flexiblen statischen Raumstruktur sowohl als Einzelbüros als auch als offene Bürostruktur dargestellt werden. Die Belichtung der Flächen erfolgt über zwei für die Mitarbeiter nutzbare Balkone. Das Foyer kann mit Hilfe technischer Mittel überwacht werden, sodass Mitarbeiter der Verwaltung bei Bedarf auf kurzem Weg zu dem Empfangsbereich gelangen können.
Außenanlagen – Über die stadträumliche Verbindung von Marktplatz, Stadtfoyer und Stadtgarten wird das Informationszentrum mitsamt seiner Ausstellung der Überreste des Kastells Rigomagus in Remagen deutlich präsenter. Das Stadtfoyer geht als öffentlicher Platz in den Eingangsbereich über und eröffnet einen unmittelbaren Zugang und den ersten Blick auf das Bodendenkmal. Der Stadtgarten definiert im Sinne einer guten Orientierbarkeit räumlich zwei voneinander getrennte Plätze und bietet gleichzeitig Potential für weitere Ausstellungen oder kurzfristige Inszenierungen – er kann als gemeinschaftliche Aufenthalts-, Werk- und Erschließungsfläche, sowohl von den Bürgern Remagens genutzt werden, als auch von Besuchern der Stadt. Der Habitus der Tilia cordata ‘Green Spire‘ beschreibt den Ort und nimmt die Kleinteiligkeit der Raumgrenzen, Mauern und Garagenwände zurück. Der im Norden anschließende Hof kann weiterhin zum Parken genutzt werden. Durch die reduziere Stellplatzanzahl und aufgebrochene Anordnung steht die Parkplatzfunktion jedoch nicht mehr an vorderster Stelle.